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The Terminator (1995) - Teil 3

In der Warenästhetik spiegelt sich die Qualität kapitalistischer Produktionsweise. Bezogen auf TERMINATOR 2 diejenige Qualität, wie sich am Ende der 80-er Jahre nach der schmutzigen, militärisch determinierten Boomphase der reagonomischen Dekade darstellt. TERMINATOR 2 ist offenbar die erste Ware der Kulturindustrie, in der der Gebrauchswertschein den Gebrauchswert absolut bestimmt.

Die von Wolfgang Fritz Haug eingeführte Unterscheidung des Gebrauchswerts in das 'Doppelte' (realer Gebrauchswert und Gebrauchswertversprechen - notwendig aus der Tauschwertsphäre entspringend) erklärt, warum Filme bis TERMINATOR 2 (Unterhaltungs-)Gebrauchswert relativ nur durch den Wechsel der Story beziehen, nun aber mit der im Prinzip bekannten Story aus dem ersten TERMINATOR zum 'eigentlichen Gesicht' (Haug) der Ware. Dies uneigentliche 'eigentliche Gesicht' führte dazu, dass der Film zu einem der erfolgreichsten wurde. (Wissend um die Story richtet sich der Blick des Zuschauers im Wesentlichen auf die Frage: Wie haben die das technisch realisieren können?).

Die Erwartung einer zufriedenstellenden Tauschwertrealisation ließ die Ware Film in Form von TERMINATOR 2 also erst entstehen, oder mit anderen Worten: die mögliche zufriedenstellende Profitrate determiniert in der kapitalistischen Gesellschaft die Bereitstellung von Gebrauchswerten. Die zweite Form der Ware, der Gebrauchswert, wird nach Haug noch einmal notwendig einer Dopplung (in eben Gebrauchswert und Gebrauchswertschein) unterzogen. Dies geschieht, weil die Gebrauchswertrealisation der Ware Film erst nach ihrer Realisation als Wert erfolgen kann. [...](vgl. Warenästhetik).

 

Für die TERMINATOR-Saga gilt: Der Gebrauchswert des ersten Films wurde einzig durch die Spezialeffekte des zweiten diskreditiert. Die Reaktion der Zuschauer und Zuschauerinnen, „der erste Film sei langweilig, hat man den zweiten schon gesehen“, war nur konsequent.

Begreift man Film generell als Ware, ist selbstverständlich jede Story nur Formwechsel des ästhetischen Gebrauchswertversprechens. Somit ist schließlich Film nichts anderes als der permanente Übergang von einer Warengeneration zur anderen. Die Dynamik ergibt sich aus der Profiterwartung (Wertebene), der relativ kurzen Gebrauchswertdauer des realen Gebrauchswerts, bestimmt durch die Filmlänge (Gebrauchswertebene) und der schier endlosen Formumwandlungen durch ‚Stories‘ und ‚Trick‘ des Gebrauchswertscheins (eben diese, dritte Ebene). Im ‚Trick‘ gilt es, Unrealistisches möglichst realistisch - jetzt computeranimiert - darzustellen. Der Sinn erschließt sich sich durch die Funktion: die er für die Konsumenten und Konsumentinnen darstellt: Der Trick transformiert die letzten Regungen menschlicher Selbstvergesellschaftungsträumereien, also von systemtranszendierenden Utopien, auf kapitalismusadäquate Formen der Warenwelt und -produktion selbst herunter.

Der im Prinzip gleiche Handlungsablauf der Filme folgte notwendig - wie oben gesehen - aus der Wertsphäre. Die Profiterwartung bestimmte den von Horkheimer und Adorno entdeckten Grundsatz der Kulturindustrie: ‚Mißtrauisch blicken die Filmleute auf jedes Manuskript, dem nicht schon ein Bestseller beruhigend zu Grunde liegt‘. Außerdem entfalte sich erst in der Wiederholung die Totalität der Kulturindustrie, die die Vergnügung über die Konsumentinnen und Konsumenten garantiere. Das Amusement ist so nicht anderes als ‚die Verlängerung der Arbeit unterm Spätkapitalismus‘. (in: Dialektik der Aufklärung, S. 142 und 144 f.)

 

Adorno und Horkheimer, die die Möglichkeit der Computeranimation in modernen Spielfilmen noch nicht erahnten, so daß sie auf die atemberaubende Schnelligkeit der Donald Duck-Cartoons zurückgriffen, wußten auch etwas über die Funktion des neuen Tempos zu berichten: ‚Sofern die Trickfilme neben Gewöhnung der Sinne ans neue Tempo noch etwas leisten, hämmern sie die alte Weisheit in alle Hirne, daß die kontinuierliche Abreibung, die Brechung allen individuellen Widerstandes, die Bedingung des Lebens in dieser Gesellschaft ist. Donald Duck in den Cartoons wie die Unglücklichen in der Realität erhalten ihre Prügel, damit die Zuschauer sich an die eigenen gewöhnen‘. Und tatsächlich ist der Kampf der beiden Terminator als Kampf der ewig unverletztbaren Comicfiguren zu interpretieren (und ähnelt damit den griechischen Göttern). In diesem Kampf behaupten sich in der Realität die relativ privilegierten Kernbelegschaften der großen Konzerne, die sich in der Gruppenarbeit an das neue Tempo des Kapitalumschlags gewöhnen mußten: Just-in-Time. Der Film knüpft mithin an ein Alltagsbewußtsein an, daß die eigene Unterwerfung unter verschiedene Herrschaftsverhältnisse, dominiert durch das Kapitalverhältnis, wahrgenommen und akzeptiert hat, das die ‚Prügel‘ also im Prinzip wahrnimmt, während die Gesellschaft die Akzeptanz-‚Begründung‘ nachlieft, um die innere Zustimmung zum System zu steigern.

 

Als Walter Benjamin den Faschismus und die Affinität der italienischen Futuristen zu demselben kritisierte, wußte er, daß der Faschismus das Recht der Massen auf Beseitigung der alten Eigentumsverhältnisse prunkvoll inszenierte, eben weil er es in der Politik nicht umsetzte. Das Zum-Ausdruck-Kommen-lassen der Massen geschehe sogar genau zum Zweck der Konservierung der alten Verhältnisse. Benjamins Paradigma ist in dieser Schrift die ‚Ästhetisierung der Politik‘ durch den Faschismus und durch die Futuristen. Beide träfen sich in einem Punkt, im Krieg. Der italienische Futurist Marinetti wird von Benjamin wie folgt zitiert: ‚[...] Der Krieg ist schön, weil er dank der Gasmasken, der schreckenerregenden Megaphons, der Flammenwerfer und der kleinen Tanks die Herrschaft des Menschen über die unterjochte Maschine begründet. Der Krieg ist schön, weil er die erträumte Metallisierung des menschlichen Körpers inauguriert [...]‘. (Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, S. 468, in. Benjamin: Gesammelte Schriften, Band I,2). Aus einem Feuerball heraus schreitet unaufhaltbar der T-1000 in metallischer Form heraus und verwandelt sich vor den Augen des perplexen Publikums in jenen menschlichen Darsteller in Uniform

 

In der Welt von 1990, die wieder erahnte, daß nach der ideologischen Blockkonfrontation nunmehr die reale kriegerischen Konfrontation (zunächst auf ‚Nebenschauplätzen‘) kommen würde, inszenierte und erwartete James Cameron, ‚die künstlerische Befriedigung der von der Technik veränderten Sinneswahrnehmung [...] vom Kriege. (ebd., S. 469). Und schließlich berichtet auch Benjamin über den Tod der Götter im Kontext der Selbstentfremdung in der warenproduzierenden Gesellschaft: ‚Die Menschheit, die einst bei Homer ein Schauobjekt für die olympischen Götter war, ist es nun für sich selbst geworden. Ihre Selbstentfremdung hat jenen Grad erreicht, der sie ihre eigene Vernichtung als ästhetischen Genuß ersten Ranges erleben läßt‘.

 

... to be continued.